Will Deutschland seine klimapolitischen Ziele für 2050 erreichen, müssen Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas zunehmend treibhausgasneutral werden. Möglich wäre das durch die Herstellung und den Import erneuerbarer Kraft- und Brennstoffe. „Eine autarke Energieversorgung Deutschlands ist auch nach der Energiewende unrealistisch – das ergibt sich schon allein aus der faktisch begrenzten Standortverfügbarkeit für Anlagen zur erneuerbaren Stromerzeugung“, erklärt Dr. Jens Perner, Associate Director bei Frontier Economics und einer der Autoren der Studie.
Deutschland führt bei Schlüsseltechnologien
Zur Herstellung zunehmend treibhausgasneutraler Brenn- und Kraftstoffe können verschiedene Pfade genutzt werden. Derzeit sind biomassebasierte Produkte auf dem Markt erhältlich, die bereits heute Treibhausgasminderungen aufweisen. Durch den Einsatz von erneuerbarem Wasserstoff können Raffinerieprodukte mit weniger Treibhausgasemissionen produziert, aber auch biomassebasierte Produkte hydriert werden. Der Bedarf an erneuerbaren Kraft- und Brennstoffen wird weltweit allerdings derart groß sein, dass zukünftig auch synthetische Brenn- und Kraftstoffe aus regenerativ erzeugtem Wasserstoff und CO2 als Kohlenstoffquelle, auch Power-to-X (PtX) genannt, benötigt werden.
Großer Bedarf an industriellen Anlagen
Allein die weltweite Nachfrage nach PtX kann gemäß des in der Studie untersuchten Referenz-Szenarios bis zum Jahr 2050 Größenordnungen von 20.000 Terrawattstunden oder mehr erreichen – das entspräche in etwa der Hälfte der heutigen weltweiten Nachfrage nach Rohöl. Diese Menge würde einen großen Bedarf an industriellen Anlagen auslösen. Dazu gehören etwa Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung und Anlagen zur Herstellung flüssiger Kraft- und Brennstoffe. „Die PtX-Produktion würde überwiegend in Ländern stattfinden, die im Hinblick auf Wind- und Solarstromproduktion bessere Bedingungen als Deutschland bieten. Dennoch wirkt sie sich auch auf die heimische Wirtschaft positiv aus, da diese bei wichtigen Schlüsseltechnologien bereits heute führend ist“, so Perner.
Für Deutschland ergeben sich so laut Studie zusätzliche Wertschöpfungseffekte in Höhe von jährlich insgesamt rund 36,4 Milliarden Euro bis 2050. Im selben Zeitraum würden hierzulande insgesamt bis zu 470.000 neue Arbeitsplätze insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau geschaffen. Ein wichtiger Beschäftigungseffekt, gerade im Hinblick darauf, dass im Zuge der Energiewende in Deutschland anderswo Arbeitsplätze wegfallen könnten.
„Durch den Aufbau neuer Industrien bieten sich aber auch für PtX-Erzeugerländer große Chancen. Gerade für entwicklungsbedürftige Regionen, aber auch für Schwellenländer, könnten sich dadurch neue Entwicklungsperspektiven ergeben“, so Perner. Zudem verschaffe der Export erneuerbarer Kraft- und Brennstoffe auch jenen Ländern eine zusätzliche Perspektive, die gegenwärtig vor allem fossiles Öl und Gas ausführen.
Zusätzliche Option für die Energiewende
Erneuerbare Kraft- und Brennstoffe sind ein wirksamer Lösungsbeitrag für den globalen Klimaschutz. Um deren ökonomische und ökologische Vorteile nutzen zu können, sind jedoch erhebliche Investitionen nötig. Diese Investitionen setzen langfristig verlässliche Rahmenbedingungen voraus. Die Studienautoren empfehlen daher eine rechtzeitige politische Weichenstellung. Aktuell ist zum Beispiel die Anrechnung erneuerbarer Kraftstoffe bei der CO2-Flottenregulierung für Pkw und Nutzfahrzeuge dringend geboten, wie auch Dr. Kurt-Christian Scheel, Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie (VDA), meint: „Um die Energiewende zu meistern, brauchen wir technologieoffene Lösungen. Daher ist es wichtig, neben der Elektromobilität und anderen alternativen Antrieben auch den Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe voranzutreiben. Die Politik sollte hierfür zügig für die passenden Voraussetzungen sorgen.“
Auftraggeber der Studie „Synthetische Energieträger – Perspektiven für die deutsche Wirtschaft und den internationalen Handel“ sind: Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO), MEW Mittelständische Energiewirtschaft Deutschland sowie UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen. Die vollständige Studie sowie eine Kurzfassung sind auf den Websites der Verbände erhältlich: www.zukunftsheizen.de, www.mew-verband.de, www.uniti.de.
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