Im Jahr 2007 startete die Deutsche Krebshilfe ihre Förderinitiative ‘Onkologische Spitzenzentren‘. In diesen Zentren werden Krebspatienten auf höchstem medizinischen Niveau und nach aktuellem onkologischen Wissensstand versorgt – gemeinsam und in Abstimmung mit umliegenden Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten in der jeweiligen Region. Als Vorbild dienten die „Comprehensive Cancer Center (CCCs)“ in den USA. Die Zentren haben als universitäre Standorte darüber hinaus die Aufgabe, Versorgungsstrukturen und -abläufe weiterzuentwickeln und die Krebsmedizin durch innovative onkologische Forschung voranzubringen. Nach dem Verständnis der Deutschen Krebshilfe sollen die dabei erzielten Fortschritte bundesweit allen onkologischen Versorgungseinrichtungen zugänglich gemacht werden, so dass alle Krebspatienten davon profitieren. Aktuell fördert die Deutsche Krebshilfe dreizehn Spitzenzentren mit jährlich 750.000 Euro pro Zentrum. Bisher hat sie rund 105 Millionen Euro in das Förderprogramm investiert.
Zusammen mit den von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Onkologischen Zentren und Organkrebszentren bilden die Spitzenzentren ein umfassendes Netzwerk der onkologischen Versorgung. „In den vergangenen zehn Jahren haben somit zwei gemeinnützige Organisationen die Grundlagen für eine flächendeckende, strukturierte, leistungsfähige und zukunftsorientierte Patientenversorgung in Deutschland geschaffen“, erläutert Nettekoven. „Dieses hohe Niveau der Patientenversorgung ist jedoch nur durch erhebliche Mehrleistungen der Zentren möglich, die weit über eine Regelkrankenversorgung hinausgehen und daher mit einem erheblichen finanziellen Mehraufwand in den Zentren verbunden sind“. Im Nationalen Krebsplan sei die Bedeutung zertifizierter Versorgungsstrukturen als essenziell für die Weiterentwicklung der onkologischen Versorgungsstrukturen und der Qualitätssicherung hervorgehoben und somit in der Gesundheitspolitik platziert – „Jetzt geht es darum, die Finanzierung dieser Strukturen adäquat und geregelt sicherzustellen“, so Nettekoven in der FAZ.
Um die für eine hochqualitative Patientenversorgung nötigen Mehrleistungen zu definieren und den daraus resultierenden finanziellen Mehrbedarf von Onkologischen Spitzenzentren, Onkologischen Zentren und Organkrebszentren zu ermitteln, haben die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Onkologischer Spitzenzentren (CCC-Netzwerk) die Prognos AG mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Professor Dr. Christof von Kalle, Sprecher des CCC Netzwerks und Leiter der Abteilung Translationale Onkologie am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ), erläutert die Ergebnisse: „Die Onkologischen Spitzenzentren haben einen jährlichen Mehraufwand von über zehn Millionen Euro pro Zentrum, bei den Onkologischen Zentren sind es fast drei Millionen Euro. Auf den einzelnen Patienten gerechnet ist der Mehraufwand sehr überschaubar.“ Interdisziplinäre Tumorkonferenzen, die Organisation der interdisziplinären onkologischen Versorgung, die Vernetzung und der Qualitätstransfer in die regionale Umgebung – wie etwa umliegende Krankenhäuser und niedergelassene Ärzteschaft – oder der Aufbau von Tumorbanken seien beispielsweise Mehrleistungen, die nicht vergütet würden. „Zur Aufrechterhaltung und Festigung der geschaffenen Strukturen bedarf es daher einer adäquaten Grundfinanzierung.“
Professor Dr. Carsten Bokemeyer, Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik für Onkologie und Hämatologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, und ebenfalls Sprecher des CCC-Netzwerks, sieht das hohe Niveau der Krebsversorgung in Deutschland gefährdet: „Es besteht dringender Handlungsbedarf von Seiten der Gesundheitspolitik und der Kostenträger. Eine fehlende Grundfinanzierung der Zentren in Deutschland darf nicht zu Lasten der Patienten gehen. Die Umsetzung von Innovationen und modernster interdisziplinärer Krebstherapien muss in einem guten Gesundheitssystem langfristig gesichert möglich sein und die richtigen Strukturen dafür haben wir in den letzten Jahren geschaffen.“
„Hier muss definitiv ein Umdenken von Seiten der Gesundheitspolitik stattfinden“, betonte auch Professor Dr. Peter Albers, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft. „Künftig sollten zertifizierte Krebszentren – und dies wird auch im Prognos-Gutachten vorgeschlagen – einen gesonderten Zentrums- oder auch Netzwerkzuschlag geltend machen können, der die Kosten für alle erbrachten Mehrleistungen abdeckt.“ Dazu müssten die Mehrleistungen in ihrer Gesamtheit als „Leistungskomplex“ begriffen werden, der das Fundament für das hohe Niveau der Patientenversorgung in den Zentren darstellt und in die Regelversorgung überführt wird.
Nettekoven erläutert, dass die Deutsche Krebshilfe keineswegs beabsichtigt, sich aus dem Evaluationsverfahren und der anteiligen finanziellen Förderung Onkologischer Spitzenzentren zurückzuziehen. „Dafür sind uns die geschaffenen Strukturen zu wichtig. Nach den jahrelangen strukturellen und finanziellen Vorleistungen durch uns und die Deutsche Krebsgesellschaft bedarf es jetzt aber auch einer adäquaten Finanzierung durch die Kostenträger.“
Die Deutsche Krebshilfe erwägt zurzeit, die Zahl der geförderten Onkologischen Spitzenzentren von derzeit dreizehn auf fünfzehn Standorte zu erhöhen, um dem Bedarf auch in der Fläche gerecht zu werden.
Hintergrundinformation
3-Stufen-Modell der onkologischen Versorgung
Die Deutsche Krebshilfe sieht die Onkologischen Spitzenzentren als grundlegenden Teil eines umfassenden, dreistufigen Programms, das sie vor etwa zehn Jahren gemeinsam mit ihrer Partnerorganisation, der Deutschen Krebsgesellschaft, auf den Weg gebracht haben. Dieses Programm sollte eine Neuorientierung in der Krebsmedizin einleiten. In den Spitzenzentren werden zum einen Krebspatienten auf höchstem medizinischen Niveau und nach aktuellem Stand der Wissenschaft versorgt. Die Comprehensive Cancer Center haben aber auch die Aufgabe, zur Entwicklung innovativer Krebstherapien beizutragen sowie Standards für die Versorgungsabläufe zu erarbeiten. Die in den Spitzenzentren erarbeiteten Fortschritte und Standards in allen Aspekten der Prävention, Früherkennung, Versorgung und der translationalen Forschung werden letztendlich allen onkologischen Versorgungseinrichtungen zugänglich gemacht. Auf der zweiten Ebene – den von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten sogenannten Klinischen Onkologischen Zentren – werden die abgestimmten Standards zum Wohle der Patienten umgesetzt werden, wobei hier nicht – wie bei den universitären Zentren – die Forschung mit im Vordergrund steht. Die dritte Ebene – die ebenfalls von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Organkrebszentren, die auf die Versorgung einer bestimmten Tumorentität spezialisiert sind –, rundet das 3-Stufen-Konzept ab. Letztlich sollen diese Strukturen dazu führen, dass Krebspatienten in Deutschland flächendeckend nach einheitlichen, hohen Qualitätsstandards behandelt und versorgt werden.
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