Hofübergabe: Freibetrag in Gefahr

Der Bundesfinanzhof macht die Hofübergabe derzeit nicht einfacher. Es stellt sich die Frage, ob eine Abfindung für den Pflichtteilsverzicht höhere Steuern auslöst?

Der 30. Juni naht, und damit stehen die nächsten Hofübergaben an. Zu den Fragen und Problemen, die damit verbunden sind, hat der Bundesfinanzhof mit einer aktuellen Entscheidung für neue Prüfpunkte gesorgt: die Abfindungen für die Pflichtteilsverzichte der weichenden Erben.

Bislang ist man davon ausgegangen, dass der Hofübernehmer, der die Abfindung der weichenden Erben bestreitet, damit eine Verpflichtung der Übergeber erfüllt. Schenkungsteuerlich wurden die Zahlungen als Zuwendungen der Eltern und Übergeber betrachtet. Dafür steht grundsätzlich ein Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro zur Verfügung, es gilt die Steuerklasse I.

Nun scheint der Bundesfinanzhof darüber nachgedacht zu haben, dass ein Pflichtteilsverzicht, den die weichenden Erben gegenüber dem Hofübernehmer aussprechen, möglicherweise eine Schenkung direkt zwischen den Geschwistern darstellen könnte. Die Folge: Es gibt nur den niedrigeren Freibetrag in Höhe von 20.000 Euro, und die Steuerklasse II greift.

Im Streitfall verzichtete der älteste Sohn durch notariell beurkundeten Erbschaftsvertrag gegenüber seinen drei Brüdern auf die Geltendmachung seiner Pflichtteilsansprüche für den Fall, dass er durch die letztwillige Verfügung von seiner Mutter enterbt wird. Als Abfindung zahlten ihm die drei Brüder dafür jeweils 150.000 Euro. Die obersten Finanzrichter sahen hierin keine Schenkung der Mutter, sondern Zuwendungen der Brüder an ihn. Es läge eine Schenkung unter Lebenden vor, wenn ein künftiger gesetzlicher Erbe vertraglich auf seine künftigen Pflichtteilsansprüche gegen einen Geldbetrag verzichtet. Da die Abfindungen aus dem Vermögen der anderen Brüder als künftige gesetzliche Erben stammten, kann keine Zuwendung der Mutter als künftige Erblasserin vorliegen. Damit richte sich die Steuerklasse nicht nach dem Verhältnis des ältesten Bruders zur Mutter, sondern nach dem Verhältnis zwischen den Brüdern.

Nach Ansicht der Richter macht dieser Fall deutlich, dass eine Gleichbehandlung des zu Lebzeiten und des erst nach dem Erbfall erklärten Verzichts auf Pflichtteilsansprüche nicht möglich sei. Sie kommen damit zu dem Schluss, dass eine vertraglich geregelte Abfindung für einen Pflichtteilsverzicht eine Schenkung des Zahlenden ist, weil die Abfindung auch aus dem Vermögen des künftigen gesetzlichen Erben geleistet wird. Das Urteil wirft eine ganze Reihe von Fragen auf. Gilt die neue Sichtweise auch bei der Hofübergabe, wenn in einem Vertrag die Übergabe und die Pflichtteilsverzichte sowie die Abfindung der weichenden Erben geregelt werden? „Wir empfehlen, anstelle eines Gleichstellungsgeldes zwischen den Geschwistern künftig eine Abstandszahlung an den Übergeber zu vereinbaren“, sagt Andreas Hintermayer, Rechtsanwalt und Steuerberater bei Ecovis in München. In einem nächsten Schritt wird diese Abstandszahlung vom Übergeber an die weichenden Erben geleistet oder die Zahlungsverpflichtung an den Hofübernehmer weitergeleitet. „So erreicht man wohl am sichersten, dass Steuerklasse I und der hohe Freibetrag gewährt werden“, ergänzt Hintermayer.

Für Zahlungen des Erben an Pflichtteilsberechtigte nach dem Tod des Erblassers für Auflagen, Pflichtteile oder Vermächtnisse gelten weiterhin die günstigere Steuerklasse und der Freibetrag, auch wenn der Geldbetrag vom Erben geleistet werden muss. Die Zahlung gilt weiterhin als vom verstorbenen Elternteil stammend.

Andreas Hintermayer, Rechtsanwalt und Steuerberater bei Ecovis in München

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