Zwei Exkursionen ins aktuelle Berliner Baugeschehen – zur Dauerbaustelle Hauptstadtflughafen BER sowie alternativ zu einem Mehrgeschossgebäude-Ensemble in Holzhybridbauweise von Stararchitekt Tom Kaden – sorgten für eine erfrischende Einbindung der gebauten Praxis. Das vielfältige Vortragsprogramm der Frühjahrstagung ließ die Teilnehmer/-innen einen Blick auf das Bauen mit Holz aus vielen neuen Blickwinkeln werfen. Neben der Reform des Bauvertragsrechts, dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf die Bauwirtschaft sowie Verbandsprojekten in der Lobby-, Gremien- und Normungsarbeit standen das Planen nach der Methode BIM sowie ein außergewöhnlich empathischer Vortrag über respektvolle Kommunikation in Berlin auf der Agenda.
Mehr Holzbau in und für Europa
Zu Beginn der dreitätigen Frühjahrstagung „Holzbau 2018“ fanden interne Mitgliederversammlungen der drei ausrichtenden Verbände statt. Der DHV konnte dabei als Ehrengast Ministerialdirigent Dr. Axel Heider vom Bundeslandwirtschaftsministerium begrüßen.
Präsident Erwin Taglieber formulierte in seiner Eröffnungsrede die Mission, die der DHV als mitgliederstärkste Branchenorganisation für den handwerklichen Holzfertigbau verfolgt: „Wir wollen jedem Betrieb größtmöglichen Nutzen für die arbeitstägliche Praxis stiften und gleichzeitig die Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wirtschaften so holzbaufreundlich wie möglich gestalten.“ Um dies in Zukunft noch wirkungsvoller und unmittelbarer als bisher leisten zu können, bedarf es einer Verschlankung der Verbändelandschaft des Bauwesens in Deutschland – derzeit sind allein für den Holzbau über 200 Einzelverbände und Interessenvertretungen bekannt.
Seit der DHV in politischen und strategischen Fragen über die eigenen Mitgliedsunternehmen hinaus als Sprachrohr auch des Unternehmernetzwerks 81fünf sowie der Vereinigung ZimmerMeisterHaus fungiert, konnte vielen Bremsklötzen und kontraproduktiven Gesetzgebungsvorhaben erfolgreich entgegengewirkt werden. Unverkennbar ist allerdings, dass sich mehr und mehr Entscheidungen von der nationalen auf die europäische Ebene verlagern. Durch gezieltes Engagement der Holzbauverbände gilt es daher sicherzustellen, dass widerstreitende Wirtschaftsinteressen für den prosperierenden Holzbau nicht zu Benachteiligungen und erschwerten Rahmenbedingungen führen – etwa was die Verhinderung von Schwarzarbeit durch gerechte Mindestlöhne, Arbeitsschutzbestimmungen, bauliche Anforderungen an zu errichtende Gebäude aus Holz oder Qualifikations-Voraussetzungen für die Berufsausübung betrifft:
„Dass Deutschland mit der dualen Ausbildung in handwerklichen Bauberufen und insbesondere im Zimmererhandwerk immer hervorragend gefahren ist und auf dieser Basis qualitativ hochwertige Gebäude aus Holz entstehen, müssen Sie den Zuständigen in Berlin und Brüssel beharrlich deutlich machen“, ermunterte Ministerialdirigent Dr. Axel Heider (BMEL) die Repräsentanten des DHV, sich selbstbewusst an Vertreter/-innen aller politischen Parteien, die Abgeordneten des Deutschen Bundestags sowie des Europaparlaments zu wenden. Nur dann setzt sich auch im Parlamentsbetrieb sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene die Erkenntnis durch, dass die Holzbaubranche, die bei volkswirtschaftlicher Betrachtung einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige Europas ist, die herrschende Wohnungsknappheit durch Vorfertigung und Elementierung effizienter als jede andere Bauweise lindern, dem Klimawandel durch die CO2-Speicherfähigkeit des Holzes nachhaltig entgegenwirken und Familien ein Leben unter gesundheitlich unbedenklichen Wohnbedingungen ermöglichen kann.
Peter Mackowiack, Mitarbeiter von Holzbau Baden-Württemberg und in dieser Funktion auch federführend zuständig für die Pressearbeit des DHV, berichtete über öffentlichkeitswirksame Verbandsaktivitäten – u.a. auf der Fachmesse DACH+HOLZ in Köln: „Wir haben einen Ansturm wie selten zuvor erlebt und viele wichtige Gespräche geführt, die den Holzbau weiter nach vorne bringen werden“, betonte der Pressereferent des DHV.
Ahmed Al Samarraie, Obmann des DHV-Arbeitskreises ökologischer Holzbau, gab einen kenntnisreichen Überblick über den Stand der Forschung in Fragen der Wohngesundheit, des Wohnkomforts und gebäudetechnischer Innovationen. „Wir wollen bei zukunftsentscheidenden Schlüsselthemen unsere Expertise konsequenter nutzen und Fehlinformationen der Öffentlichkeit, die von interessierten Kreisen lanciert werden, deutlich wahrnehmbar entgegentreten.“Damit geißelte Al Samarraie von Vertretern des Nassbaus seit über einem Jahr gehäuft gestreute Desinformationen, die letztlich auf die Verfasser zurückfielen, weil sie weder Dialogfähigkeit noch Fortschrittsinteresse erkennen ließen. Anders hingegen im handwerklichen Holzfertigbau: Als eines der zentralen Bauthemen wird sich der DHV dieses Jahr verstärkt Aspekten der Wohngesundheit und des baulichen Gesundheitsschutzes widmen. „Ist Wohngesundheit respektive baulicher Gesundheitsschutz planbar?“ Dieser Frage wird der DHV in Kürze bei einem Architekten-Workshop nachgehen, zu dem rechtzeitig vorab eingeladen wird.
Brandschutz, Schallschutz, Wohlbefinden
Der Schwerpunkt der DHV-Aktivitäten lag im letzten Jahr neben politischer Lobbyarbeit für die gesamte Holzbau-Branche vor allem auf technischem Gebiet. Michael Trefz, Mitarbeiter der Verbandsgeschäftsstelle in Ostfildern und als solcher neben dem techn. Leiter Wolfgang Schäfer beim DHV für anwendungstechnische Projekte zuständig, skizzierte in Berlin Möglichkeiten zur Absicherung des handwerklichen Qualitätsstandards in einer zunehmend digitalisierten, automatisierten und durchrationalisierten Arbeitswelt.
„Der technische Entwicklungsvorsprung des DHV manifestiert sich unter anderem in vier Merkblättern, die praktikable Lösungen schwieriger baulicher Detailfragen beinhalten und turnusmäßig aktualisiert werden. Nutzen Sie diese Merkblätter!“, empfahl Michael Trefz den versammelten Holzbau-Unternehmern.: 1. Merkblatt Sockelausbildung (Anschlüsse für Aufstockungen werden integriert), 2. Merkblatt Fensterbrüstung (zweite wasserführende Ebene wird integriert), 3. Merkblatt Holzbaustatik der Schwelle (Fassung für mehrgeschossige Holzbauten der Gebäudeklassen GK 4 und GK 5 wird derzeit erarbeitet) und 4. Merkblatt Trittschallschutz (neue Schallschutznormen werden integriert).
Wolfgang Schäfer, Mitarbeiter von Holzbau Baden-Württemberg und als solcher beim DHV zuständig für die Leitung des Referats Technik, gab Einblick in die vielfältigen verbandlichen FuE-Aktivitäten: Gleich sechs neue Forschungs- und Entwicklungs-Projekte gilt es 2018 zu gestalten und zu begleiten. Dazu gehört auch ein Brandschutz-Großprojekt, das auf zwei bis drei Jahre angelegt ist: „Ziel ist eine Verbandszulassung, die von allen Holzbaubetrieben im DHV, 81fünf und ZMH gleichermaßen nutzbar ist“, hob Wolfgang Schäfer den nutzenstiftenden Effekt hervor. Seine Betrachtungen drehten sich weiterhin um die Verringerung des Gebäude-Energieverbrauchs durch angemessen dimensionierte Anlagentechnik, alternative Deckenkonstruktionen und Innovationen auf dem Gebiet der techn. Gebäudeausrüstung (TGA). Erfreuliches konnte Wolfgang Schäfer auch über die Optimierung des Schallschutzes im Holzbau berichten – ein Thema, dem der DHV besondere Aufmerksamkeit widmet: „Wir sind auf der Baustelle besser als im Labor!“, lautete Wolfgang Schäfers Fazit. Über Details informiert die Geschäftsstelle des DHV im FORUM HOLZBAU, Hellmuth-Hirth-Str. 7, 73760 Ostfildern, E-Mail technik@d-h-v.de
Holzbau in neuem Licht
Zum Abschluss der Tagung konnte Präsident Taglieber den Teilnehmern die erfreuliche Nachricht verkünden, dass sich nach den Betrieben des Netzwerks 81fünf auch die Mitgliederversammlung der Vereinigung ZimmerMeisterHaus für eine Doppelmitgliedschaft ausgesprochen hat und den angeschlossenen Unternehmen den Beitritt zum DHV empfiehlt.
Geradezu symbolträchtig für die Einigungsbestrebungen der drei Verbände DHV, 81fünf und ZMH erschien auf der Berliner Tagung das Brandenburger Tor, das untrennbar mit dem vielleicht wichtigsten innenpolitischen Ereignis der jüngeren deutschen Geschichte verbunden ist: der ersten friedlichen Revolution von 1989 und der selbstbestimmten Wiedervereinigung beider deutscher Staaten im Jahre 1990.
Text und Fotos: Achim Zielke M.A., Baufachjournalist abp
Leistungsstarke Interessengemeinschaft: DHV, ZMH und 81fünf
Mit zusammen über 300 Mitgliedsbetrieben bilden der Deutsche Holzfertigbau-Verband e.V. (DHV, Ostfildern; www.d-h-v.de), die Vereinigung ZimmerMeisterHaus (ZMH, Schwäbisch Hall; www.zmh.com) und das Netzwerk 81fünf high-tech & holzbau AG (Lüneburg; www.81fuenf.de) eine leistungsstarke Gemeinschaft, die übereinstimmende Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft seit Dezember 2015 gebündelt artikuliert. Größte Organisation in diesem Verbund ist der DHV, der als zentrales Sprachrohr fungiert. Zu den Mitgliedsunternehmen der drei holzwirtschaftlichen Verbände, die das Bauen in Deutschland nachhaltig mitgestalten, zählen Holzfertigbaubetriebe, Architektur- und Planungsbüros sowie Zulieferfirmen aller baubeteiligten Gewerke. Darüber hinaus gehören Sägewerke, Baumaschinenhersteller sowie Dienstleister aus bauaffinen Branchen wie zum Beispiel Gebäude-Energieberater, Statiker, Softwareentwickler, Vermessungsingenieure und Medienvertreter dem holzwirtschaftlichen Interessenverbund an. Das gemeinsame Ziel heißt Holzbau komplett: von der Beratung über die Planung und Vorfertigung bis zur bezugsbereiten Ausführung von Wohnhäusern, Büro-, Gewerbe- und Zweckbauten in allen erdenklichen Formen und Größen.
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